Toyota Thai League 2017 Dolphin Stadium Pattaya - 5568 Zuschauer
„Sawasdee (Guten
Tag)“
Nach zwei gescheiterten Anläufen in den vergangenen vier
Jahren gelang es in diesem Urlaub endlich, den heiß ersehnten Asienground zu
kreuzen und damit einen Kontinentalpunkt, der als äußerst exotisch angesehen
werden kann. Am letzten Abend unseres zweiwöchigen Familienurlaubs in Thailand
und Singapur stand also der Besuch im Dolphin Stadium (ehemals Nong Prue
Stadium, nach dem Stadtteil benannt) zu Pattaya an. Manch einer zuckt allein
bei der Nennung „Pattaya“ zusammen, ist der Ort doch als Sündenpfuhl Thailands,
wenn nicht sogar ganz Asiens bekannt. Sankt Pauli oder anderen bekannten
Rotlichtvierteln wird nachgesagt, im Vergleich zu Pattaya eher Kindergarten zu
sein. Und dennoch haben die Stadt, das angrenzende Umland und vor allem die
Menschen dort viel mehr zu bieten als nur Sextourismus und ein verruchtes Image
– man muss nur wissen, wo man sich wie verhält.
Aber damit zurück zum Thema. Unser Taxifahrer, welcher uns
im Laufe des Urlaubs schon mehrfach sicher durch den irren Verkehr der Stadt
gelotst hat, konnte uns pünktlich 15 Minuten vor Anpfiff am Stadion absetzen,
wenn gleich die letzten Meter selbst für ihn eine neue Erfahrung waren, war
doch in den letzten Jahren vergleichsweise nicht so viel los. Das lässt sich
mit zwei Argumenten leicht erklären. Zum einen ist Pattaya United nach einem
Jahr Abstinenz wieder erstklassig und spielte an den ersten 4 Spieltage keine
schlechte Rolle in der Liga, zum anderen war der amtierende Meister aus dem
Speckgürtel Bangkoks zu Gast, welcher einen astreinen Start mit 12 Punkten
vorweisen konnte.
Unter diesen Voraussetzungen hatten auch wir natürlich damit
gerechnet, dass etwas los sein wird, wurden aber positiv von so viel Resonanz
überrascht. Da es über die Gesamtkapazität des Dolphin Stadiums
unterschiedliche Angaben gibt, die offizielle Zahl wohl aber mit 5830 Plätzen
angegeben wird, war auch die Erklärung gefunden, warum es für die Tribüne und
Gegengerade keine Plätze mehr gab. So ergatterten wir zu knapp 3,00 € pro Nase
unsere Karten für die Westtribüne und konnten zusammen mit zahlreichen weiteren
Zuschauern zwar erst kurz nach Anpfiff aber zu jeder Zeit gesittet und
unaufgeregt unsere Plätze einnehmen. Diese waren nicht vorgegeben, die Tribüne
eigentlich aber auch nicht als Sitzplatztribüne konzipiert. Platz wurde da
genommen, wo noch vier Europäer problemlos hinpassten und den zierlichen Thais
keine Sicht versperrt wurde.
Das Stadion konnte auf Anhieb überzeugen, verfügte es doch
über eine hübsche Haupttribüne mit stylischer Dachkonstruktion, die Gegengerade
und 2 baugleiche Stehplatztribünen, welche zwar Stahlrohrcharakter hatten, aber
gut ins Bild passten. Die Nähe zum Spielfeld war, auf Grund fehlender Zäune
oder ähnlichen „Sicherheitseinrichtungen“, genial. Man war im Prinzip noch
näher als z.B. im altehrwürdigen Alfred-Kunze-Sportpark, um mal einen kleinen
Vergleich zu ziehen. Die vier urtümlichen Flutlichtmasten taten ihr Übriges für
eine angenehme Fußballatmosphäre, gerade nach Einbruch der Dunkelheit.
Wie schon erwähnt, war das Stadion mit über 5500 Zuschauern
gut gefüllt, woran auch die etwa 350 Gäste aus Bangkok ihren Anteil hatten. Um
die Zuschauerzahl etwas einordnen zu können, sei gesagt, dass Pattaya in der
ersten Liga im Schnitt vor 2500 Fans spielt und damit nicht unbedingt zu den
Schwergewichten der Liga zählt. Dennoch ist im thailändischen Fußball in den
letzten zehn Jahren ein regelrechter Boom zu erkennen, was aber auch auf die
Öffnung der Liga zurückzuführen ist. Noch vor einigen Jahren spielten
Provinzvereine keine bedeutende Rolle in der höchsten Spielklasse, alles
konzentrierte sich auf die Metropole Bangkok. Wer Interesse an der Geschichte
der „Thai Premier League“ hat, bemühe bitte die einschlägigen Medien, das würde
hier den Rahmen sprengen. Trotzdem noch ein paar Fakten, die das Wachstum
verdeutlichen: Buriram United, der mit Abstand beliebteste Verein in Thailand,
spielte vergangene Woche gegen Muangthong vor 32.600 Zuschauern. Auch ein Derby
zwischen Chonburi und Pattaya lockt fünfstellige Zuschauerzahlen an.
Eine besondere Rolle spielt da eben jener Club Muangthong,
ist er doch Vorzeigeverein, was die Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung
angeht. Es war auch der erste Verein, der vor einigen Jahren einen Kartenvorverkauf installieren musste, rannten
die Fans sprichwörtlich die Bude ein. Außerdem waren sie die ersten, die so
etwas wie Atmosphäre in die Stadien brachte, man kann sie also zu Recht als
erste Ultras des Landes betiteln.
So verwundert auch die Zahl der Auswärtsfahrer, die sich
hinter einer „Curva Sud“ Fahne sammelten, nicht wirklich. Man muss sich dabei
vor Augen führen, dass wir von einem Mittwochabend sprechen. Die 350 Gäste
waren auch oft zu hören oder zu sehen und schienen ein ordentliches Programm
abzuspulen.
Die Bemühungen der Heimfans sollen natürlich nicht zu kurz
kommen. Diese leisten sich den Luxus zweier größerer Unterstützergruppen, eine
hinter jedem Tor. Die Gruppe auf unserer Seite war dabei die zahlenmäßig
unterlegene, konnte aber durch eine „Pattaya Ultras“ Zaunfahne, gruppeneigene
Shirts und dauerhaft guter Laune auf sich aufmerksam machen. Deutlich zu
erkennen war der Einfluss von Residenten europäischer Natur. Wer seinen
Lebensabend hier verbringt und nicht auf Fußball verzichten will, geht halt ins
Dolphin Stadium.
Die Gruppe hinter dem anderen Tor hatte ein paar mehr
optische Akzente in Form von Schwenkfahnen zu bieten, außerdem waren hier
deutlich. mehr Leute an der Stimmung beteiligt.
Und doch war im ganzen Stadion eine angenehme
Ungezwungenheit zu erkennen. Wer mitmachte, machte halt mit. Wer keine Lust
hatte, verhielt sich ruhig oder lies hier und da einige Schimpftiraden auf den
Schiedsrichter los. Für uns natürlich extrem amüsant, da ein wetternder Thai an
sich schon für Erheiterung bei Europäern sorgen kann und die für uns schwer
verständliche oder gar zu erlernende Sprache dann ihr Übriges tut. Was sich
dann noch positiv heraushebt, ist der gegenseitige Respekt, den man
untereinander – auch als Fremder – erfährt und sich zollt. Der Hüter der Gäste,
seines Zeichens auch Nationaltorhüter Thailands, wurde zu Beginn der 2. Hälfte
mit Applaus im Tor begrüßt, worauf hin sich dieser artig mit der typischen
Verbeugungsgeste und zusammengefalteten Händen bedankte. Auch nach Spielschluss
kannten die gegenseitigen Respektsbekundungen keine Grenze, starker Applaus des
Heimanhangs an den Hüter, dieser bedankt sich 3 mal und geht seiner Wege. Noch
extremer fällt das unter den Fangruppen aus. Nach Abpfiff liefern sich die
Gästefans und die Fans auf der Osttribüne einen gesanglichen Schlagabtausch und
applaudieren sich dann fast 30 Sekunden lang zu.
Der Spielverlauf ist schnell erzählt. Pattaya ist technisch
unterlegen, kämpft aber aufopferungsvoll. Die frühe Führung der Gäste sorgte
nicht für Sicherheit, die zweite Hälfte sah sogar mehrere Chancen für die
Hausherren und ein ausgeglichenes Ballbesitzverhältnis. Aber wie es im Fußball
ist, das ist in Thailand nicht anders: Wer innerhalb von 10 Sekunden 3mal am
Gestänge scheitert, kassiert in den entsprechenden Kontern dann leider die
Gegentore. Bei der Begeisterungsfähigkeit und dem Enthusiasmus der Fans um uns
herum hätten wir der Heimmannschaft auf jeden Fall ein Tor gegönnt, der
Jubelschrei stand des Öfteren schon auf den Lippen.
Den Abend ließen wir dann mit einer abenteuerlichen
Taxifahrt zurück in die Innenstadt und einem wie immer schmackhaften Essen
ausklingen.
Was bleibt, ist das Eintauchen in eine Fußballwelt, die im
Großen und Ganzen nicht anders ist als irgendwo anders auf der Welt. Das
typische Thai-Sprichwort „same, same but different“ kommt hier aber voll zum
Tragen. Alles ist gleich und doch etwas anders. Das Lebensgefühl der Thais kann
selbst auf einen Abend im Stadion übertragen werden.
Die Freude, endlich einen Ground in Asien gemacht zu haben,
ist gerade für mich doch noch ein erwähnenswertes Gefühl.
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