„In Leipzig auf immer und ewig nur Lok und Chemie!“
Es war endlich so weit. In Leipzig stand das einzig wahre
Ortsderby an, nämlich das zwischen der Bsg Chemie Leipzig und dem 1. Fc
Lokomotive Leipzig. Wie viele Jahre hatten die vielen noch treuen echten
Leipziger auf dieses „echte“ Derby gewartet und was stand nicht alles in den
bundesweiten Gazetten, was wohl alles passieren würde. Doch am Ende wurde, wie
so oft in der heutigen Zeit, vieles heißer gekocht als das es gegessen wurde
und so war es auch heute.
Aber noch nicht genug der Worte zum Vorgeplänkel, denn beide
Fanszenen rühmten sich mit den bekannten Derbystörfeuern. Wobei die Lokis in
dieser Sache wesentlich mehr Quantität publizierten als die Jungs und Mädels
von Chemie. So wurde zum einen das altehrwürdige AKS geentert und ein kurzes
Mobfoto gemacht. Fader Beigeschmack bei dieser Aktion? Naja die Chemiker
konnten zu min. nicht wirklich reagieren darauf reagieren, da sie zeitgleich
einem Auswärtskick ihrer Jungs beiwohnten. Ein Konter folgte dann später auf
diversen Pornoseiten, wo Chemiker Videos einstellten, mit der Anspielung das
Lokis zu früh kommen und nur für Quickis zu haben sind (Hintergrund, der Besuch
fand 2 Wochen vor dem eigentlichen Derby statt und nach dem recht kurzen
entern, waren die Lokis auch schon wieder entschwunden). Aber damit war es
nicht genug, so sammelten sich unter anderem ein größerer Mob an Lokisten in
der Stadt. Passiert ist aber am Ende nichts, denn die Bullen kesselten die
Jungs und lösten den ganzen Spaß auf, ehe auch nur ansatzweise was passieren
konnte. Nun schoben sich natürlich wieder beide Parteien den schwarzen Peter
zu, die Chemiker sagten, dass die Lokis zu viel Aufmerksamkeit erregt hatten
und somit schnell die Bullen am Hals hatten. Die andere Seite behauptete das
Chemie keinen Arsch in der Hose hatte und sich gar nicht stellen wollte. Die
Wahrheit liegt wohl bekanntlich irgendwo in der Mitte. Auch die an den Brücken
aufgehangen grünen Strohpuppen sollten hier natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Nun zum Thema Karten organisieren, ehe es endlich zum
Spieltag geht. Denn auch das war ein Prozedere für sich, denn die Chemiker
bestanden auf ihren Heimvorteil und so war klar das nur 4.999 Zuschauer zum
Spiel durften. So war auch klar, dass es viele Leute ohne Karte geben würde.
Nach Probstheida gingen dann letztlich 750 Karten (was mehr als die üblichen 10%
sind) und diese waren dort auch rasend schnell vergriffen (Lok organisierte
dann noch für die Leerausgegangen Fans ein Public-Viewing). Auch Chemie gab
seinen Fanclubs, Mitgliedern, Jahreskartenbesitzern etc. ein Vorverkaufsrecht
und so stellte sich für fremde Fanszenen die Frage wie an Karten kommen? Am
Ende musste ein Kontakt zu einem ehemaligen grün-weißen Diablo bemüht werden,
um an zwei der begehrten Karten zu kommen (vielen Dank dafür nochmal). Dies
klappte dann auch alles problemlos und dem Derby stand nichts mehr im Wege.
Nun aber zum Spieltag. D.h. für mich zwei Kollegen aus der
Südvorstadt einsacken, nach Grünau Karten abholen und dann im Wohngebiet bei
Leipzig Leutzsch abparken. Dies klappte auch alles auch gut und man sah auch (leider)
eine funktionierende Fantrennung, denn bis dato sah man nur Chemiker oder eben
Bullen. Die 3 Sicherheitsringe gab es dann auch konnten aber mit Karte gut
umgangen werden. Die Sicherheitskontrollen waren in meinen Augen trotzdem recht
löchrig und mit etwas Glück wäre sicherlich auch ein rankommen ohne Karte
möglich gewesen. Aber am Ende war es klar, dass sich beide Szenen keine „bösen“
Aussetzer leisten würden, sollten kommende Derbys weiterhin in den jeweiligen
Heimspielstätten stattfinden dürfen. Unser größeres Problem war die
Unterhopfung, denn das mitgebrachte Blonde war recht schnell zur Neige
gegangen. Es gab zwar eine Nahe Kneipe, doch die war gnadenlos überfüllt und
überfordert. 6 setzen! So ging es etwas durstig in das AKS, aber halt stopp.
Nun hieß es erst mal warten, denn die Schlange war schlicht unendlich. Etwas
vordrängeln und dem geprüften Lückenspringer Blick gedankt, waren wir dann aber
pünktlich 15 Minuten vor Anpfiff im geilsten Stadion Deutschlands.
Ich kann es nur immer wieder sagen: Der
Alfred-Kunze-Sportpark ist mit seiner Bauart, seiner Nähe zum Spielfeld und
seiner Schlichtheit einfach noch ein Traum in der heutigen Stadionlandschaft.
Die abgewetzten Stufen einfach ein Traum. Ich kann nur jeden Fußball- bzw.
Stadionromantiker empfehlen diesen Ground abzugrasen.
Die Hütte war natürlich schon gut voll, als wir drin waren
und wir bezogen Stellung auf der Gegengeraden. Von dort aus hatten wir einen
guten Blick auf die beiden Fanszenen von Chemie, welche heute von einigen
Frankfurter Ultras unterstützt wurden und auf die „Fanszene Lok“. Außerdem
konnte man einen guten Blick auf den Sitzplatzbereich, sowie auf die alte
Holtribüne von Chemie werfen. Echt schön das alles wieder etwas Schick gemacht
wurde, aber der Charm des alten AKS beibehalten wurde. Ich hoffe die Jungs und
Mädels bleiben da dran und es dürfen bald wieder mehr Leute ins Leutzscher Eck.
Nun kurz zum Spiel, welches heute eigentlich nur als
Stimmungsantreiber diente. Denn in Wahrheit waren natürlich die Dinge auf den
Rängen heute das Interessante. So kam es auch, denn das Spiel war eher Mau. Das
Spielfeld glich eher einer Kuhwiese, die Spieler passten sich den Gegebenheiten
an und boten Magerkost. In der ersten Halbzeit passierte gefühlt nichts und in
Halbzeit 2 eigentlich auch nicht, außer ein zwei Schüsse, welche aber nicht
gefährlich waren. Einzige Highlights waren da die Rudelbildungen, welche
oftmals durch mehr oder weniger üble Fouls entstanden. Das einzig wirklich üble
Foul zog dann ein Lokis, welcher nach der großen Rudelbildung auch mit Rot vom
Platz flog. Die Überzahl konnte Chemie aber kaum nutzen bzw. war man zu ängstlich in der Vorwärtsbewegung
und so hatte die Heimelf zwar ein leichtes Übergewicht, ohne dabei aber eine
richtige Gefahr auszustrahlen. Als man sich schon auf das Elferschießen freute,
lochten dann die Gäste doch noch ein. Denn ein abgefälschter Distanzschuss
schlug im Leutzscher Gehäuse ein und ließ alle Träume von den anwesenden
Chemikern platzen. Am Ende war das Ergebnis sicherlich nicht zwingend verdient,
denn einen Klassenunterschied war heute auf bei 11 gegen 11 nicht zu erkennen.
Aber am Ende gilt es festzuhalten, dass der 1.Fc Lokomotive Leipzig das Spiel
gewonnen hat und wie das am Ende zustande gekommen ist, interessiert bei einem
Derby niemanden.
Während die Lokomotive also das Geschehen auf dem Platz und
wohl auch im Vorgeplänkel für sich verbuchen konnten. Konnte Chemie das Ding
auf den Rängen zu einem Recht klaren Punktgewinn für sich verbuchen. Denn mit
einer schönen Folienbahnen Wendechoreo leiteten sie das Spiel ein. Auf der
ersten Seite stand schlicht „Bsg Chemie Leipzig“ und auf der anderen „Gruppo
Anti Lok“, womit heute die Marschrichtung vorgegeben wurde. Bei Lok gab es
diesbezüglich nichts, aber das war wohl sicherlich nie geplant gewesen.
Einerseits hätten da sicher nicht die Bullerei und andere Obrigkeiten
mitgespielt, andererseits dürften nach den 150 Betretungsverboten auch die Lust
darauf vergangen sein. So gab es im Gästeblock lediglich die „good night green
white“ Fahne zu sehen, sowie 2,3 chemische Fanutensilien, welche am Ende
fachgemäß den Feuertod übergeben wurden. Das die genannte Fahne einen
Rückschluss auf die politische Gesinnung von der Fanszene rückschließen lässt,
ist leider aber auch eine traurige Wahrheit (darauf tritt einer mit „NS“
markierter Typ einen anderen am Boden liegenden Typen mit einem „Stern“ auf den
Körper). Aber auch die Heimseite wollte mit einer Israel Fahne provozieren. Ich
denke durch diese politische Auswüchse berauben sich beide Seiten erheblich an
Potential, aber das ist eine persönliche Meinung. Nun zurück zum Drumherum,
denn auch den Stimmungspunkt geht zweifelslos nach Leutzsch. Einfach eine Lecke
deren Lieder und natürlich das „Hackebeil“-Lied, welches doch recht genial ist.
Man musste aber auch feststellen, dass die Chemiker es nicht zwingend gewohnt
sind, eine volle Kurve zu koordinieren. Denn ein Großteil der Lieder wurde
immer nur von dem harten Kern um die Diablos getragen. Ausreißer nach oben gab
es aber immer wieder, das schon erwähnte Hackebeil Lied wurde von einem
Großteil sehr stimmvoll vorgetragen oder nach den wenigen Torchancen wurde ein
lautes „Chemie! Chemie!“ durch das Leutzscher Holz geschmettert. Auf der
Gästeseite gab es in Sachen Stimmung leider nichts Besonderes. Die Lokomotive
ist da traditionell recht einfach und unkreativ unterwegs, jedoch wurden die
Lieder/Schlachtrufe zu min. früher von mehr Leuten getragen. Man hat das Gefühl
das die „Fanszene Lok“ recht abgeschottet vom Normalo Fan bei Lok ist. So
gestaltete sich auch die Aufteilung im Gästeblock, wo die Normalos, Kutten etc.
links standen und rechts im Gästeblock die schwarz gekleideten Jungs (welche
mitunter vermummt waren) um die Fanszene Lok standen. So war und wird es
natürlich schwer werden, einen stimmgewaltigen Mob zu stellen. Man sollte aber
auch nicht verschweigen, dass wenn doch mal einem Strang zogen, man die 750
Gäste auch vernehmen konnte. Nach dem 1:0 für Sie waren sie natürlich oben auf
und skandieten „Derbysieger“. Erstaunt war ich auch über die doch recht Hohe
Anzahl an Spruchbändern im Gästeblock. Und auch die Heimseite ließ sich nicht
lumpen. Auf der Heimseite wurden Spruchbänder gegen die politische Gesinnung
der lokistischen Fanszene gezeigt. Außerdem wurde die „Fanszene Lok“ an sich
aufgezogen, da diese lt. Chemikern nicht viel mit der gemeinen Ultra Kultur zu
tun haben. Meine Highlights waren „Ohne Verfassungsschutz seid ihr nur zu
zehnt!“ und „Rudolf Heß – beim Public Viewing rechts außen“. Auf der Gästeseite
wurde unteranderem der Spruch „Nur ein Leutzscher ist ein Deutscher“ gezeigt,
womit auf die Stadionordnung bei Chemie
angespielt wird. Dieser Spruch wurde nämlich per Stadionordnung verboten.
Außerdem wurde mit weiteren Spruchbändern darauf angespielt das die Chemiker
sich als Vorzeigeultras hinstellen, dies aber lt. Gästen bei weiten nicht sind.
Es gab noch unzählige mehr, aber das würde hier den Rahmen noch mehr sprengen.
Den größten Derbypunkt zog dann aber noch Chemie, welche einen beeindruckenden
Schalteppich (bestand auch aus Mützen, Pullovern etc., außerdem waren auch
Utensilien von befreundeten Lok-Freunden zu sehen) am oberen Norddamm
präsentierten. Danach gab es natürlich wieder im World-Wide-Web die wildesten
Verschwörungstheorien, das alles gekauft ist, das kaum Ultra-Utensilien etc.
dabei waren. In meinen Augen alles Schwachsinn, da haben die Chemiker einfach
mal gut gesammelt (hatten ja auch genug Zeit) und ich denke die blau-gelben
Gäste könnten ebenfalls einen ähnlich starken grün-weißen Schalteppich
präsentieren.
Das war es dann aber auch und während die Gäste mit ihren Fans noch feierten, zogen wir von dannen. Die Abreise gestaltete sich dann ereignislos unter den wachsamen Augen der Staatsmacht. Auch von anderen Auseinandersetzung bekam man (leider) nichts zu hören. Im Nachhinein erfuhr man nur das ein Abordnung (Antifa und/oder Chemiker) eine Wohnung eines Lokisten einem Besuch abstatten und diese recht unbewohnbar um dekorierten. Grund soll ein Angriff von Rechten auf Connewitz im Januar diesen Jahres gewesen sein, wofür nun Rache verübt wurde. Es Leben die guten alten Zeiten!
Fazit: Keine Pyro und keine Randale, wie man es von
früher kannte und trotzdem war es endlich mal wieder ein Fußball-Derby, wie man
es sich vorstellt und von denen man sich mehr wünscht
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