Donnerstag, 28. Dezember 2017

25.11.2017 SV Merseburg 99 - 1.FC Lok Stendal 4-1

Oberliga NOFV Süd (5.Liga) - Stadtstadion Merseburg - 66 zahlende Betrachter

Pläne sind ja bekanntlich da, um alsbald wieder verworfen zu werden. So verlief der Tag gänzlich anders als geplant. Ursprünglich war die Saalestadt Jena unser Ziel der Begierde. Bereits 2 Tage zuvor fiel ein Teil des Dopplers wetterbedingt weg. Aber Ersatz war schnell besorgt...


Der Himmel war damit nicht so glücklich, weinte er doch den ganzen Tag und wollte damit demonstrieren, dass Jena nicht das richtige Gebiet für unsere Streifzüge war, zumindest nicht an diesem Tag.
Auch die Deutsche Bahn erteilte uns indirekt Stadtverbot, mein Mitstreiter verpasste den ersten Anschluss, für mich bedeutete das wiederum eine Stunde Aufenthalt im morgendlichen Miltitz. Alle Versuche einen Bäcker, Einzelhändler, zur Not auch einen Fleischer im historischen Ortskern ausfindig zu machen scheiterten. Währenddessen glühte die mobile Datenleitung. Zwischen Eilenburg, Bitterfeld und Altenburg, fiel die Wahl dann doch auf die ehemalige Chemie-Metropole Merseburg.
Und konnte ein Punkt meiner To-Do-Liste abgearbeitet werden. Mein Weg führte bereits etliche Male an diesem rasensportlichen Kleinod vorbei, zu einem Besuch reichte es allerdings nicht. Ich bin da auch sehr genügsam. Wenn andere den Traum vom Belgrader Derby haben, reicht mir da schon eine verregnete Partie auf Level 5.
Per Abellio wurde die Stadt der Raben angesteuert. Positiv fiel ein Abteil auf, indem man auf einer Couch die Streckenabschnitte genießen konnte. Zugegeben gibt es attraktiveres als die Region zwischen Leuna und Großkorbetha, aber industriegeschichtlich allemal interessant.

Kaum war Merseburg erreicht, mussten wir uns schon fast sputen den Fußweg zum Stadion zu schaffen. Die Quecksilbersäule hatte mittlerweile den Gefrierpunkt überquert, so dass die Stecke ohne Komplikationen zurückgelegt wurde. Das etwas außerhalb gelegene Sportfeld wurde erreicht, die Teams machten sich auf dem Nebenplatz warm. Eine kurze Schrecksekunde konnte im Keim erstickt werden, im Stadion waren die Eckfahnen bereits gesteckt. Gott sei Dank...
Für schlanke 8 Euro durfte man Teil des Events werden. Bei den Bedingungen, die Petrus schuf, machten davon lediglich 66 Personen Gebrauch. Klar kann das Wetter als Begründung herangezogen werden. Ich finde es dennoch traurig, dass einheimischer Amateurfussball selbst auf Oberliga-Niveau nicht mehr zieht. Vor einigen Jahren waren da 400-500 Zuschauer noch eher die Realität. In Merseburg selbst gräbt da der HFC und definitiv auch der in Leipzig stationierte Champions-League-Teilnehmer einiges, vom ohnehin schon geringen Potenzial ab.

Dabei war für Nostalgiker einiges geboten. 39 Jahre DDR-Liga, 2. Leistungsstufe im Land von Hammer und Zirkel, standen sich gegenüber. Also im Prinzip ein Duell wie Saarbrücken gegen Waldhof Mannheim.

Dem Gedanken folgten auch einige Bremer Stadiontouristen, die sich vor ihrem Gastspiel im Leipziger Dosentempel bequemten 30 Minuten im Stadion zu verweilen und so etwas für die leere Hoppinglandkarte Ost zu tun. Nach der obligatorischen Stadionrunde und einem ersprinteten Ballkontakt waren die Herren aber schnell wieder weg. Ihre Anfrage beim Stadionpersonal einen Schal erwerben zu wollen, sorgte für einige ungläubige Verwirrung und hektisches Rumfunken beim engagierten Stadionpersonal. Ob dies erfolgreich verlief, konnten wir leider nicht abschließend in Erfahrung bringen.
Derweil versuchten wir uns mit Glühwein und Steak etwas aufzutauen. Das gelang mittelprächtig. Der ersten Teil der Partie wurde unter dem Dach der zugigen Haupttribüne verbracht. Zittereinlagen unsererseits inklusive. Dies übertrug sich auch auf die 99er nach reichlich Slapstick stand es nach weniger als 180 Sekunden 0-1.

Schrittweise kam 99 dann besser ins Spiel und vor der Pause fand ein Kopfball nach einer Megaflanke den Weg zum Ausgleich. Für uns galt es den Austauprozess der Füße zu unterstützen und nach einem unbeobachteten Spaziergang durch den Kabinentrakt nahmen wir etwas besser windgeschützt unter dem kultigen Sprecherturm platz.
Nach der vorgeschriebenen Spielunterbrechung rieben sich die mitgereisten Stendaler die Augen. Mindestens 15 von Ihnen fanden den Weg ins Mekka der Kunststoffherstellung - mit den mitgebrachten Zaunfahnen ein ordentliches Bild in Anbetracht der derzeitigen Bedeutung der Oberliga. Nach der Führung waren sogar kurzzeitig Anfeuerungsrufe wahrzunehmen. Jedenfalls konnte die Viertelstunde nach Wiederanpfiff darauf verzichtet werden, zu überraschend war der Tabellenletzte plötzlich 4-1 in Front. Jeder Schuss passte und über die linke Seite wurde teils schnell und sehenswert agiert. Stendal hatte nicht mehr die Kraft für ein Aufbäumen und so rückt der Strich im Tabellenbild für die Rabenstädter wieder näher.



Wir brachen nach Beendigung des sportlichen Vergleiches recht schnell auf, wollten wir doch noch etwas Merseburger Gastfreundschaft tanken. Es verschlug uns in die älteste Lokalität der Stadt, jedenfalls nach Betreiberangabe, das Nordeck. Wir dachten erst an eine Trinkhalle, wurden dann aber direkt reindelegiert. Der Holzofen flammte, Rosamunde Pilcher flimmerte über die Mattscheide und wir ließen uns landestypische Alkoholika schmecken. Irgendwann wurde auf unser Geheiß FCM vs. HFC serviert und so lauschten wir den Worten der Wirtin. Als die Buna-Werke noch in Vollbetrieb waren, hätte teilweise 100 Fahrräder vor dem Lokal um einen Platz gebuhlt. An Sitzplätze war gar nicht mehr zu denken. Nun am 25. des Monats waren wir die einzigen Gäste, nur noch am Monatsanfang gibt es ein großes Ballyhoo, die Junge Generation gibt es kaum noch in der Siedlung und der harte Kern der Stammkundschaft dezimiert sich demographisch selbst. Eigentlich eine sehr traurige Geschichte. Schade das solche Viertel so zu Grunde gehen. Wir hatten uns mit der Wirtin etwas verquatscht und so mussten wir uns dann beeilen um den Zu g zu erreichen, eine engagierte Windkraftgegnerin gab uns noch Proviant mit auf dem Weg und per Abelliocouch ging es durch den noch immer währenden Regen gen Leipzig.  
Fazit: Dem Wetter getrotzt, Plan D wurde umgesetzt, Merseburg ist einen weiteren Besuch wert und eine Couch gehört in jeden Zug.






 

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